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Im Residenzschloss glänzt der Schmuck und die Gier frisst sich durch die Seelen.

Die Eröffnung des Festes im Zwinger.

Die Nacht über Dresden war kühl und klar, der Himmel lag über der Stadt wie ein aufgespannter Samtvorhang mit glitzernden Nadeln aus Licht, und unter diesem feierlichen Baldachin erstrahlte der Zwinger in blendendem Schein. Kerzen flackerten auf jedem Sims, Gaslaternen warfen schimmernde Kreise auf das Kopfsteinpflaster, und aus allen Ecken strömten Menschen herbei, gekleidet in Farben, die zu kostbar wirkten, um wahr zu sein. Die Stadt hatte geladen zum großen Fest, ein alljährliches Spektakel, das in keinem Kalender verzeichnet war und doch von jenen gefunden wurde, die suchten, ohne zu wissen wonach. Musik wehte durch die Luft, süß und seltsam, aus Instrumenten, die niemand kannte, gespielt von Händen, die nicht zu sehen waren. Auf den Marmorstufen lagen Girlanden aus Glasblüten, jede funkelte in einer anderen Farbe, die wie Gedanken spiegelten. Niemand bemerkte, dass sich zwischen den Gästen ein Mann ohne Schatten bewegte, dass unter dem Portal eine Spalte im Stein aufklaffte, aus der ein Hauch stieg, der nicht von dieser Welt stammte. Die Besucher im Dresdner Zwinger lachte, doch tief in der Menge begann etwas Altes zu brodeln.

die Kammer unter dem Stein.

In jener Stunde, das Fest steigerte seinen Rausch und das Lachen der Gäste schallte wie warmer Wein durch die Gänge, zog sich eine Falte durch den Untergrund des Zwingers, dort wo der unsichtbare Spalt sich öffnete. Niemand sah, wie sich darunter eine steinerne Platte zur Seite schob, schwer und doch lautlos, der Boden selbst hatte beschlossen, etwas preiszugeben, das schon zu lange verborgen lag. Eine Kammer tat sich auf, niedrig, rund, mit Wänden aus grünlich schimmerndem Gestein, das feucht atmete. In der Mitte ruhte ein Sockel aus schwarzem Glas, auf dem ein einziges Objekt thronte, ein Ring, schlicht, glatt, von dunklem Gold, in dessen Oberfläche winzige Runen flimmerten wie flüchtige Gedanken. Um den Sockel war Staub gelegt, feiner als Sand, und wer ihn betrat, trat in einen Kreis, den niemand ungestraft betrat. Die Luft zitterte dort unten, als würde ein Chor flüstern, dessen Stimmen aus längst vergangenen Jahrhunderten stammten. Über der Öffnung bebte die Laterne, ihr Licht wurde bläulich, schwankte, erlosch fast, dann kehrte es zurück, als hätte es einen Blick auf etwas geworfen, das es besser nicht gesehen hätte.

das vergessene Atelier in der Königsstraße.

Tage später, das Fest war längst verklungen und der Glanz des Zwingers wieder der Stille gewichen war, ging ein Lehrling die Königsstraße entlang, den Blick gesenkt, die Gedanken schwer. Sein Weg führte ihn zu einer Tür, die kaum einer kannte, verborgen zwischen einem Antiquariat und einer Buchbinderwerkstatt, eingerahmt von vergoldetem Gitterwerk und einem Schild, auf dem in blasser Schrift geschrieben stand Manufaktur für festlichen Schmuck seit 1793. Der Junge trat ein, das Türglöckchen klang dumpf, als hätte es sich müde geläutet. Drinnen roch es nach Metall, Wachs und einem Hauch von Lavendel, der sich durch die Jahrhunderte gerettet hatte. Regale voller Schatullen, Samtkästen und filigraner Werkzeuge standen im Halbdunkel. Sein Meister war nicht da, doch das Licht am hinteren Werktisch brannte, und dort lag ein neues Stück, ein Anhänger aus schwarzem Emaille mit einem Stein, der in sich wirbelte wie ein Wirbelsturm. Der Lehrling berührte ihn, nur einen Augenblick, und merkte, wie etwas durch seinen Arm kroch, langsam, gierig, alt. Später konnte er sich nicht mehr erinnern, war es ein Gedanke oder ein Befehl, der sich in seinem Kopf festsetzte?

Die Verwandlung der Käufer.

Die ersten kamen schon am nächsten Morgen, angelockt durch ein Gerücht, das niemand ausgesprochen hatte und das sich dennoch in der Stadt wie ein Sturm verbreitete. Sie traten ein, musterten die Stücke, und einer nach dem anderen entschied sich für ein Exemplar aus der neuen Serie, jene mit dem dunklen Glanz und dem seltsam vibrierenden Stein. Die Käufer verließen das Atelier mit starrer Freude, mit glänzenden Augen und einer Wachheit, die nicht zum Morgen passte. In den Tagen darauf geschah etwas, das niemand offen aussprach, doch jeder spürte. Die Träger der Schmuckstücke wurden unruhiger, ihre Stimmen zischten, ihr Blick wurde schärfer, verlangender. Eine Frau in einem Hutladen zählte das Wechselgeld dreimal, murmelnd, der Mann vom Bäcker sammelte Brot, das er nicht aß, und in einem Garten vergrub ein alter Sammler plötzlich Goldstücke, die er nie besessen hatte. Die Schatten der Käufer dehnten sich aus, wurden länger, lösten sich ein Stück vom Körper, zitterten, wie lebendig. Als der Lehrling eines Abends durch die Gassen ging, glaubte er, ein Wispern zu hören, das seinen Namen rief, von Hauswänden, aus Abflüssen, vom eigenen Schatten.

Die Schatten werden selbstständig.

Die Gassen um die Manufaktur begannen sich zu verändern, ohne dass jemand etwas bemerkte. Türen verzogen sich, Fensterscheiben warfen kein klares Licht mehr, und das Kopfsteinpflaster war plötzlich an manchen Stellen weicher, fast schwammend, als würde es auf etwas leben. Die Käufer kehrten zurück, öfter, verlangender, als wären die Schmuckstücke nicht genug gewesen, als hätte jedes Stück nur eine Tür geöffnet, hinter der eine weitere Begierde wartete. Der Lehrling begann Stimmen zu hören, nicht laut, eher wie ein Druck hinter den Ohren, als flüstere ihm das Licht der Werkstatt geheime Namen. Seine Hände arbeiteten schneller, unermüdlicher, die Stücke entstanden wie von selbst, und jedes war dunkler als das letzte. Als er eines Morgens das Atelier betrat, fand er Kratzspuren auf dem Boden, tief, wie von Tierkrallen, die sich um den Werktisch schlängelten. Auf dem Fensterbrett saß ein Schatten, unbewegt, als hätte er auf ihn gewartet. Der Lehrling trat näher, doch der Schatten wich nicht zurück. Erst als das Glöckchen an der Tür erklang und ein Kunde eintrat, zerfloss die dunkle Gestalt an der Wand, kriechend, schmatzend, fast zärtlich.

Der Hauch zieht durch die Stadt.

In den folgenden Nächten lag ein Geruch über Dresden, den niemand kannte, eine Mischung aus verbranntem Zucker und feuchtem Stein, süßlich und modrig zugleich, wie die Erinnerung an etwas Wohliges, das verdorben ist. Die Luft vibrierte, kaum merklich, doch jeder, der sie atmete, fühlte sich danach nicht mehr gänzlich wie zuvor. Die Straßenlaternen flackerten öfter, insbesondere in der der Altstadt, und einstmals belebte Plätze wie der Neumarkt oder die Brühlsche Terrasse wirkten leer, obwohl Menschen dort standen. Manchmal blieben die Schatten länger an Mauern hängen, bewegten sich leicht verzögert oder krochen über den Boden, wenn niemand hinsah. Die Käufer des Schmucks kamen inzwischen nachts, ohne zu klopfen, standen unvermittelt in der Werkstatt, mit den gleichen starren Augen, den gleichen bebenden Stimmen. Einige trugen ihre Schmuckstücke nicht mehr sichtbar, sondern in Tüchern gewickelt, unter der Haut, in Taschen, die sie nicht öffneten. Der Lehrling wagte nicht mehr zu fragen, auch weil seine Hände nicht mehr aufhörten zu arbeiten, selbst wenn er schlief. In seinen Träumen schwebte er über einer goldenen Stadt, unter ihm wuchsen Ranken aus Dunkelheit, die ihn mit jedem Atemzug tiefer zogen.

Das Verschwinden inmitten von Gold.

Das Fest der Restauratoren war ein Ereignis, das Glanz versprach und Wissen feierte, und an diesem Abend war der Ballsaal des Residenzschlosses mit goldenen Spiegeln, Kristallleuchtern und Musik aus einer anderen Zeit gefüllt. Kuratoren, Sammler, Händler und Kunstliebhaber strömten durch die Säle, betrachteten Preziosen, tauschten Geschichten, verhandelten lautlos mit Blicken. In der Mitte des Raumes stand eine Vitrine, neu, schlicht, aus Sicherheitsglas, darin ein Fundstück aus der barocken Erde Dresdens, ein Ring aus schwarzem Gold, mit Gravuren, die sich zu bewegen schienen, wenn man länger hinsah. Niemand wusste, wer ihn gebracht hatte, nur dass sein Entdecker ein junger Mann war, der kurz vor Beginn des Festes noch im Hof gesehen wurde, mit leichtem Gang, das Kästchen unter dem Arm. Nun war er verschwunden. Sein Name fehlte auf den Listen, seine Nummer blieb ungerufen, sein Platz leer. Einige tuschelten, andere ignorierten es. Dann, als die Musik schwieg und das Licht sich einen Moment senkte, hörte man ein Klirren, dann ein kehliges Keuchen, und jemand schrie. Die Vitrine war leer, der Boden darunter nass, dunkel, als hätte das Glas geblutet. Die Luft schmeckte nach Eisen.

Die Naht zwischen den Orten reißt auf.

Noch in derselben Nacht trieb der Wind durch die Straßen wie eine unsichtbare Hand, die Türen öffnete, Gitter zum Klingen brachte und Staub in die Winkel der Stadt wirbelte. Auf dem Theaterplatz knarrten die Fahnenstangen ohne Fahnen, und am Zwinger fiel ein Stück Putz von der Wand, hinter dem sich schwarze Adern im Mauerwerk zeigten, pulsierend, als lebten sie. Die Manufaktur war leer, doch das Licht über dem Werkplatz brannte, und im Fenster spiegelte sich ein Gesicht, das nicht anwesend war. Der Lehrling wachte in seinem Bett auf, den Arm ausgestreckt, als hätte er im Schlaf weiter gearbeitet. Seine Hände waren schwarz, die Nägel glasiert wie polierter Stein. Die Vitrine im Schloss blieb verschwunden, niemand sprach mehr über den Ring, doch alle spürten, dass etwas zurückgelassen worden war. In den Kellergängen unter dem Schloss hörten zwei Techniker Schritte, obwohl sie allein waren. Aus den Lüftungsschächten stieg Nebel, der nach Metall roch. Ein Archivar, der in der Woche nach dem Fest die Bestände prüfen wollte, fand auf jeder dritten Seite der Inventarbücher ein Symbol, das vorher nicht dort gewesen war, ein Zeichen, das der Lehrling in der Manufaktur aus dem Stegreif nachzeichnen konnte.

Dresden unter dem Schleier der Gier.

Die Stadt veränderte sich im Stillen, ohne Donner oder Feuer, sondern durch eine Verschiebung im Verhalten, eine Unruhe, die sich in die Blicke schlich, in Bewegungen, in Gespräche. Händler verdoppelten ihre Preise ohne Grund, Kinder versteckten glänzende Steine in ihren Brotdosen, und im Rathaus verschwanden Schriftstücke, die niemand vermisste, weil sie kein Einziger mehr lesen konnte. Der Wind roch nach Blei, die Elbe führte dunkleres Wasser, und im Park hinter dem Japanischen Palais lagen Vögel, die keine Wunden trugen und doch nicht mehr sangen. Die Straßenbahnen fuhren pünktlich, doch ihre Fenster spiegelten manchmal Gesichter, die nicht darin saßen. Die Menschen flüsterten von Einbrüchen, bei denen nichts gestohlen wurde, von Läden, in denen nachts gearbeitet wurde, obwohl sie leer standen, und von einer zweiten Stadt, die sich unter der bekannten ausbreitete, aus Schatten, Hunger und Stimmen. In der Manufaktur veränderten sich die Werkzeuge, verformten sich von selbst, lagen morgens anders, als man sie abends zurückgelassen hatte. Der Lehrling schrieb im Schlaf Zahlen auf seine Arme, Zeichen, die bei Tageslicht verschwanden. Auf dem Dach des Schlosses wurde ein Licht gesehen, das gegen die Richtung der Sterne leuchtete.

Das Gemälde mit dem versiegelten Blick.

In einem Seitenflügel des Albertinums, wo Restaurationen still geschehen und nur wenige Besucher sich verirren, hing ein Gemälde, das nie katalogisiert worden war. Es zeigte einen Raum ohne Fenster, einen Tisch aus schwarzem Holz und darauf eine Figur mit aufgerissenen Augen, deren Hände ein Schmuckstück hielten, das so fein gemalt war, dass es schimmerte, wenn man vorbeiging. Niemand wusste, wie das Bild dorthin kam, nur dass es nicht verkauft werden durfte. Die Kuratorin, die es einst untersucht hatte, trug seither schwarze Handschuhe, auch im Sommer, und sprach leise, wenn sie Räume betrat. Eines Tages kam der Lehrling dorthin, geführt von einem Gefühl, das er nicht begriff. Er stand lange vor dem Bild, bis ihm auffiel, dass der Raum darauf genau dem Atelier glich, in dem er arbeitete, selbst der Riss im Steinboden stimmte. Als er näher trat, flackerte das Licht, und der Anhänger auf dem Tisch begann zu rotieren, langsam, gegen den Uhrzeigersinn. Auf der Rückseite der Leinwand fand er ein Siegel aus Wachs, darauf ein unbekanntes Zeichen, das er in den letzten Nächten immer wieder gezeichnet hatte. Er nahm es nicht ab. Noch nicht.

Das Brechen des Siegels im Albertinum.

Er wartete, bis die Schritte des Aufsehers verklungen waren, dann zog der Lehrling ein kleines Messer aus seiner Tasche, jenes mit dem Griff aus Obsidian, das seit Tagen auf seinem Nachttisch lag. Die Rückseite des Gemäldes rau, ein gleichmäßiger Druck unter der Leinwand, etwas war darunter. Er setzte die Klinge an den Rand des Siegels, das Wachs war hart, spröde, doch unter der Oberfläche pulste eine Wärme, die nicht von der Lampe kam. Als das Siegel brach, war kein Geräusch zu hören, aber die Luft wurde schwer, metallisch, und aus der Ritze stieg ein Faden Rauch, so dünn, dass man ihn für einen Irrtum halten konnte. Der Raum verdunkelte sich nicht, aber die Farben im Bild wurden tiefer, schärfer, der Raum darauf trat einen Schritt hervor. Die Figur mit dem Schmuckstück senkte den Blick, sah ihn an. Der Lehrling wich zurück, das Messer fiel, zitterte auf dem Boden, und in seinem Innern bewegte sich etwas, das lange geschlafen hatte. Die Leinwand spannte sich, als würde sie gleich reißen, dann war alles still. Doch hinter ihm klickte eine Tür, die nicht dort gewesen war, und sie stand offen.

Die Treppe in den verborgenen Schöpfungssaal.

Der Flur hinter der Tür war schmal, die Wände aus rohem Stein, feucht und warm wie Haut, die Stufen schmal und unregelmäßig, als wären sie nicht für menschliche Füße gebaut. Der Lehrling schritt vorsichtig, jede Bewegung ein Echo, das sich in die Dunkelheit vor ihm verlor. Es gab kein Licht, dennoch sah er, wohin er trat, als ob die Wände selbst leuchteten, in einem matten, goldgrünen Glimmen. Die Luft war voller Flüstern, kein Geräusch, sondern Erinnerung, Klang vergangener Stimmen, die ihm Dinge ins Ohr legten, die er nie gelernt und doch verstanden hatte. Am Ende der Treppe lag eine Halle, so groß, dass der Blick sich darin verlor, gefüllt mit Werkbänken, Werkzeugen und endlosen Reihen von Schatullen, jede beschriftet mit einem Namen, der sich beim Lesen veränderte. In der Mitte ein Podest, auf dem ein Herz lag, aus Bronze, schlagend, verbunden mit Drähten, die im Boden verschwanden. Der Lehrling trat näher, seine Hand hob sich von selbst, nicht gezwungen, sondern bereit. In dem Moment, als seine Finger das Herz berührten, hörte die Halle auf zu atmen. Und begann zu sehen.

Die Ruhe vor dem nächsten Fest.

Die Stadt geruhsam, hatte sie alles Ungeheuerliche verdaut, ohne es zu begreifen? Die Geräusche kehrten zurück, einzelnes Lachen auf den Plätzen, das Hämmern der Handwerker, selbst die Schatten schienen wieder an ihren Besitz gebunden. Doch unter der Haut Dresdens war etwas verschoben. Die Luft über der Brühlschen Terrasse flimmerte an manchen Tagen wie ein Vorhang aus Glas, und in den Salons der Sammler wurde nur noch leise gesprochen, mit Blicken, die mehr verbargen als erklärten. Der Lehrling kehrte in die Manufaktur zurück, die Werkzeuge lagen still, als warteten sie auf einen neuen Befehl. Auf seinem Tisch lag ein einziges Stück, vollkommen, aus schwarzem Glas und Gold, schwer wie ein Versprechen, in der Mitte ein Stein, der keine Farbe kannte, nur Hunger. Im Schloss plante man ein weiteres Fest, zur Eröffnung einer neuen Ausstellung, ein unbekannter Spender hatte Stücke von unschätzbarem Wert angekündigt, darunter ein historisches Collier, lange verschollen, dessen Geschichte in keinem Archiv verzeichnet war. Am Fenster des Restauratorenraums saß ein Schatten, unbewegt, doch sein Blick ging nach innen, dorthin, wo Türen offenstanden, die nie wieder geschlossen werden.

Ein Hauch aus der Vitrine.

In der Nacht vor dem neuen Fest regnete es nicht, doch die Straßen glänzten, sie waren gewaschen von etwas, das nicht aus dieser Welt stammte. Der Zwinger lag im Dunkeln, die Laternen warfen trübes Licht, und auf der Mauer saß eine Gestalt, deren Gesicht von einer Kapuze verhüllt war. Sie wartete. Im Residenzschloss wurde das Collier in die Vitrine gelegt, von weißen Handschuhen gehalten, langsam, als hätte es ein Gewicht, das nicht messbar war. Als die Vitrine geschlossen wurde, beschlug das Glas von innen. Niemand sah es. Im Keller des Museums begann das Archivsystem zu flackern, Buchstaben lösten sich von den Akten und formten einen Namen, den niemand mehr kennen durfte. Der Lehrling stand in seinem Atelier, das Fenster geöffnet, das Schmuckstück in der Hand. Es glühte. In der Ferne schlug eine Uhr, deren Zeiger sich rückwärts drehten. Und irgendwo in der Stadt, unter Pflaster und Stein, öffnete sich eine Kammer, langsam, mit einem Geräusch wie abgewürgter Hunger.


Mit herzlichem Dank aus dem Dunkel der dresdner Schatten,
Ihr Hofberichterstatter des Verborgenen und Beobachter der ewigen Gier.

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*Der geneigte Leser möge sich erinnern, dass Städte wie Dresden nicht nur aus Steinen und Geschichten bestehen, sondern auch aus dem, was zwischen den Schatten wohnt. Und wer glaubt, Schmuck sei nur Verzierung, hat den Glanz der Gier noch nicht gespürt. Vielleicht öffnet sich beim nächsten Museumsbesuch ein Spalt, kaum sichtbar, aber spürbar kommt der Kältestrom aus vergangener Zeit.

Quellenangaben:
Inspiriert von einer staubigen Notiz in einem Restaurierungsbericht und Gesprächen mit einem Goldschmied, der behauptet, Schatten hätten einen Preis.
Deutsches Hygiene-Museum Dresden
SKD Museum
Monumente-Online Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen,
Meyers Konversations-Lexikon 3. Auflage 1874 - 1884
Wikipedia – Die freie Enzyklopädie

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